UNENDLICH VERGÄNGLICH

14 nov. 2023
UNENDLICH VERGÄNGLICH

Unendlich vergänglich, FORMENSPRACHE, Clervaux - Cité de l'image, © Liz Lambert
Artikel auf Deutsch
Autor: Ben Kraemer
Foto: Unendlich vergänglich, FORMENSPRACHE, Clervaux - Cité de l'image, © Liz Lambert

Eine alte Hand umklammert den Griff eines Gehstocks. Eine kindliche Hand greift die eines Vaters. Eine Schattenhand sucht die Berührung einer echten.

Es sind meist kleinste Ausschnitte, die Liz Lambert in ihrer Fotografie präsentiert; Ausschnitte, die meist uneindeutig bleiben, nicht kontextualisieren wollen. Es sind flüchtige Momentaufnahmen des Alltags, jenes Alltags, der oft an uns vorbeizieht, während wir zur Tram hetzen, unseren Instagram-Feed verfolgen oder in Gedanken schon beim Morgen sind.

Liz nimmt die Betrachter*innen mit in intime Sphären, ihre eigenen sowohl wie die der anderen um sie herum. Sie führt uns hinein in eine Welt, die eigentlich ganz nah ist, aber letztlich nur eigentlich.

Seit dem 14. Oktober 2023 bietet die von Sandra Schwender kuratierte Ausstellung FORMENSPRACHE in der Cité de l’image in Clerf Einblicke in die fabelhafte Welt der Liz Lambert.

Unendlich vergänglich, FORMENSPRACHE, Clervaux - Cité de l'image, © Liz Lambert
Unendlich vergänglich, FORMENSPRACHE, Clervaux - Cité de l'image, © Liz Lambert

Die Ausstellung erstreckt sich über die ganze Ortschaft und bietet insgesamt sechs nationalen wie internationalen Fotograf*innen eine (Freilicht-)Bühne. Zu sehen sind neben den Werken von Liz Lambert auch Bilder von Thaddäus Biberauer, Christine Erhard, Tina Lechner, Sanja Marusic und Steph Meyers.

In der Wahl ihrer Formensprache waren die Künstler*innen ebenso frei wie in der Gestaltung ihres jeweiligen Ausstellungsteils. Ziel sei es, so heißt es sinngemäß im Infotext der Ausstellung, den Ausstellenden einen Raum zu bieten, in dem verschiedene Wege des künstlerischen Ausdrucks erprobt und eröffnet werden. Es ist eine Schau der Stile, der Formensprachen.

Unendlich vergänglich, FORMENSPRACHE, Clervaux - Cité de l'image, © Liz Lambert
Unendlich vergänglich, FORMENSPRACHE, Clervaux - Cité de l'image, © Liz Lambert

Die Fotografie von Liz Lambert prägt eine Spontanität, die sie dynamisiert und einem ständigen Wandel unterwirft. Kein Bild gleicht dem nächsten, und doch verbindet sie etwas. Sie vermitteln das Gefühl, dabei zu sein in intimen Momenten jener Menschen, die oft nur angedeutet werden. Meist sehen wir nur eine Hand, einen Fuß, einen Schatten. „Ech si super sensibel fir Intimitéit, entweder wann d‘Leit ganz eleng sinn […] oder awer och am Tëschemënschlechen“, erklärt Liz. Ein- und Zweisamkeiten berühren die Fotografin.

In ihren Selbstporträts lädt Liz auch in ihre eigenen privaten Gefilde ein. Sie setzt sich mit ihrem Körper auseinander, zeigt ihn so, wie er ist, teils entblößt und, wie gehabt, in Ausschnitten. Die Bilder sind Ausdruck ihrer Gefühlswelten und ihrer momentanen Stimmungen. Sie zu machen, sich mittels ihrer von außen zu betrachten und sie auch zu teilen, kommen für sie einer Art Selbsttherapie gleich. Es tue ihr einfach gut, so die Künstlerin.

Beim Fotografieren tauche sie in eine abstrakte Welt der Formen, Farben und Gefühle ein. In einem fast meditativen Zustand sei es ihr dann möglich, „déi kleng Momenter am Alldag festzehalen, oder iwwerhaapt mol ze gesinn.“ Es sei eigentlich eine Achtsamkeitsübung.

Als solche kommen sowohl ihre Straßenfotografie als auch ihre Autoporträts ohne aufwändige Vorbereitungen aus. „Wann ech Fotoe maachen, ass et net esou, dass ech mir do virdrun zwou Woche laang Gedanke maachen. Ech sti moies op, ech gesi wéi d’Luucht fält an denken, ‚Ah, ech maache lo eng Foto‘, an dann ass déi Saach innerhalb vun enger hallwer Stonn erduerch.“ Das Werkzeug ihrer Wahl ist daher in den meisten Fällen das Smartphone, denn ihre Fotos entstehen im Affekt und dann muss es schnell gehen.

Unendlich vergänglich, FORMENSPRACHE, Clervaux - Cité de l'image, © Liz Lambert
Unendlich vergänglich, FORMENSPRACHE, Clervaux - Cité de l'image, © Liz Lambert

Unendlich vergänglich sind nicht nur die Momente, die Liz Lambert in ihren Bildern einzufangen sucht. Unendlich vergänglich ist auch der Titel ihres Teils der Ausstellung FORMENSPRACHE in Clerf.

In elf Fotografien beleuchtet sie das Thema Vergänglichkeit im Kontext des Zwischenmenschlichen. „Et geet em Bezéiungen, virun allem em romantesch Bezéiungen, an dorëms, wat fir eng Konzeptioun vu Vergänglechkeet an Onendlechkeet ee kann hunn a wat dat mat engem mëscht“, erzählt Liz. Der Gedanke an ein Ende mache oftmals Angst, genauso aber der Gedanke an Endlosigkeit. Diesen Konflikt rückt Liz ins Zentrum ihrer Studie in der Cité de l’image.

Im Garten des Bra’haus II auf dem Weg hoch zum Schloss Clerf lassen sich die Bilder der vorjährigen Gewinnerin des Prix de la Photographie – Clervaux Cité de l’image noch bis zum 7. Oktober 2024 besichtigen. Eine weitere Gelegenheit bietet sich im Rahmen der ersten Ausstellung Lost Symbiosis des Künstler*innenkollektivs La Concierge, die ab dem 14. Dezember 2023 im Aalen Stadhaus im Espace H2O in Differdingen stattfinden wird und ebenfalls mit Werken aus dem noch jungen Œuvre der Liz Lambert aufwartet.