TRACING / A RECOLLECTION

26 juin. 2024
TRACING / A RECOLLECTION

TRACING/A RECOLLECTION, Julien Hübsch, CAPE © Julien Hübsch
Artikel auf Deutsch
Autor: Ben Kraemer
Foto (o.): TRACING / A RECOLLECTION, Julien Hübsch, CAPE © Julien Hübsch

Seine Kunst, das sind Mauerreste, Straßenabsperrungen und Badezimmerfragmente. In seinen Ausstellungen „zitiert“ Julien Hübsch aus dem urbanen Raum.

Die Transformation urbaner Räume durch den Menschen fasziniert den Escher Künstler besonders dann, „wenn sie nicht aus einem künstlerischen Willen heraus passiert, sondern Konsequenz des Lebens ist.“

TRACING / A RECOLLECTION, Julien Hübsch, CAPE © Julien Hübsch
TRACING / A RECOLLECTION, Julien Hübsch, CAPE © Julien Hübsch

Julien Hübsch entdeckt performative und installative Qualitäten an verkannten Orten und exportiert Objekte aus ihren ursprünglichen Kontexten in den Ausstellungsraum. „Ich zwinge die Leute eigentlich dazu, den Schrott, der im Grunde kein Schrott ist, anzugucken, den sie sonst gar nicht sehen würden“, erklärt der Künstler.

„Bei Null anfangen, alles an die Wand werfen und sehen, was hängen bleibt.“

Aktuell stellt Julien Hübsch im Centre des Arts pluriels Ettelbrück aus. TRACING / A RECOLLECTION heißt seine Ausstellung, die zunächst vielleicht nach einem Best of seiner bisherigen Schaffensjahre klingt – weit gefehlt: „Mein Ansatz war nicht, eine Retrospektive zu präsentieren“, so Julien Hübsch, sondern eher eine Art „Rückblick in Klammern. [...] Ich glaube, wenn man meine Arbeit über die letzten sechs Jahre verfolgt hat und vorhat, sie auch weiter zu verfolgen, dann wird es eine spannende Ausstellung.“

TRACING / A RECOLLECTION, Julien Hübsch, CAPE © Julien Hübsch
TRACING / A RECOLLECTION, Julien Hübsch, CAPE © Julien Hübsch

Während seiner Studienjahre habe sich seine Praxis „schon recht radikal verändert“, meint Julien Hübsch. Da sei es immer eine gute Idee, sich zurückzubesinnen, wo man angefangen hat und wo was herkommt. Die Zeugen dieser Veränderung türmten sich als „temporäre finale Versionen“, wie der Künstler sie nennt, über die Zeit hinweg in seinem Atelier auf. Aus dem Materialpool, seinem ganz persönlichen Archiv, greift er Teile und Teile von Teilen seiner früheren Werke auf und zeichnet in der Ettelbrücker Ausstellung die Linien seiner künstlerischen Entwicklung nach; jene, die im Sand verliefen genauso wie jene, die den Weg für seine Arbeiten von heute bereiteten. Tracing / A Recollection wird so zu einer Ausstellung über die Kunst des Künstlers.

Straßen-Kunst: ein urbaner Spielplatz

„Ich finde es einen sehr spannenden Ansatz, den öffentlichen Raum als Spielfläche zu denken“, stellt Julien Hübsch fest. „Jeder nimmt die ganze Zeit eigentlich ästhetische Eingriffe [im urbanen Raum] vor, aber ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein oder mitzudenken, dass es ja Konsequenzen für andere hat.“ 

Man nehme das Beispiel einer gelben Straßenmarkierung, die zerfleddert am Rand der Autobahn liegt. „Niemand von den tausenden Autofahrern hätte gedacht, dass sie später einmal künstlerische oder ästhetische Qualitäten besitzen könnte.“ Die Momente, in denen der Künstler diese feststellt, versucht er zu zitieren, indem er sie in der Ausstellung wieder erfahrbar macht. „Hierzu reiße ich die originale Materie sozusagen aus dem Ort oder dem Geschehen heraus und zeige sie ohne weitere Eingriffe“, fährt er fort. „Ich versuche, das immer so direkt und funktional wie möglich zu machen, damit eben auch diese Qualität, die sie im öffentlichen Raum hatte, nicht verloren geht oder beeinträchtigt wird.“ 

TRACING / A RECOLLECTION, Julien Hübsch, CAPE © Julien Hübsch
TRACING / A RECOLLECTION, Julien Hübsch, CAPE © Julien Hübsch

Nach einer Ausstellung wandern seine Arbeiten zurück in den Materialpool. „Solange die Sachen in meinem Besitz sind, sind sie unfertig oder fertig zwischendurch sozusagen. Es kann ja auch sein, dass die Sachen sich nicht mehr verändern, aber das Potenzial der Veränderung besteht weiterhin.“

Einblicke

Im CAPE zeigt Julien Hübsch noch bis zum 2. Juli Werke aus seiner Sammlung, die mal unfertig sind und stagnieren, mal im Werden begriffen oder – selten – sogar fertig sind, wenn auch temporär. Vor allem aber sind sie ungesehen. „Ich finde, diesen Moment, etwas zu nehmen, was eigentlich nicht sichtbar ist, und es dann sichtbar zu machen, ein spannendes Konzept“, so der Künstler.

TRACING / A RECOLLECTION, Julien Hübsch, CAPE © Julien Hübsch
TRACING / A RECOLLECTION, Julien Hübsch, CAPE © Julien Hübsch

Damit folgt er einem Trend, der zurzeit durch die großen Museen geht und auf eine Wiederentdeckung und Wiederaufbereitung der eigenen Sammlung zielt. Kurator*innen stellen neue Fragen an das Archivmaterial und versuchen darin neue Zusammenhänge zu erkennen.

In einer sehr persönlichen Rückschau blickt Julien Hübsch auf seinen bisherigen künstlerischen Werdegang zurück und gibt Einblicke in die ganz eigene Kunst-Geschichte.