15 mar. 2024Gestern Mensch, Heute Katze
Foto: Brigitte Urhausen, "Die Katze Eleonore" im KulTourhaus Huncherange, Kaleidoskop Theater © Bohumil Kostohryz
Eine Frau entscheidet sich gegen das Menschsein. In Caren Jeß‘ Monodrama wird die Bühne zum Gehege und die Protagonistin zum Tier. Gelingt die Verwandlung? Ein Besuch im KulTourhaus Huncherange.
„Neues Haus, neues Abenteuer“, denkt sich Sara Goerres, als Timo Wagner sie fragt, ob sie für das Kaleidoskop Theater die Neuinszenierung von „Die Katze Eleonore“ übernimmt. Sie sagt zu.
„Ich habe mich sehr schnell mit dem Stück und der Autorin angefreundet“, so die Regisseurin. „Das Stück ist sehr speziell.“ Es beginnt in dem Moment, als eine Frau erkennt: „Ich bin nicht mehr Mensch, ich bin jetzt Katze.“
„Sie beginnt nachts zu jagen, trägt ein Fell...“
Eleonore ist eine erfolgreiche Immobilienmaklerin und führt ein ganz normales Leben – mehr oder weniger. Durch ihre Arbeit und das Vermögen ihrer Eltern kam sie zu gewissem Wohlstand und bewohnt eine pastellfarbene Designer-Wohnung. Finanziell steht ihrer Verwandlung somit nichts im Weg.
„Eines Tages entdeckt sie, dass sie eigentlich eine Katze ist“, liest man in der Stückbeschreibung. Prompt folgt die Entscheidung zum Lebenswandel. „Sie beginnt nachts zu jagen, trägt ein Fell, übernimmt tierische Schlafphasen und minimiert Kontakte zu Mitmenschen.“ Auch ihre Wohnung gleicht im Laufe des Stücks immer mehr einer Katzenbehausung.
Was bringt eine Frau mittleren Alters – mit beiden Füßen fest im Leben stehend – an diesen Punkt? Eine traumatische Kindheit, Frust über die Welt? Das Stück lässt die Frage offen.
Das Menschsein ist ihr aber zuwider. Daran besteht kein Zweifel. Eleonore will sich von allem lösen, von der Arbeit und von anderen Menschen. Mit ihrem Therapeuten, Herrn Dr. Wildbruch, einer Stimme in ihrem Kopf, debattiert sie über die letzten Fragen, die sie noch an ihr altes Leben binden. „Sie kann den Menschen in ihr nicht richtig loslassen“, so die Regisseurin. Ihre menschliche Physis bleibt unabänderlich.
„Ihre Freiheit ist die Katze.“
Das Stück zeigt eine Existenz abseits der Norm, die mit sich und der Welt ringt. Sie wendet sich radikal von der Gesellschaft ab und findet im Katzendasein Exil und Heimat zugleich. Ist das egoistisch? „Klar, es ist super egoistisch“, so die Regisseurin. Ihre Abkehr von der Welt bedeutet schließlich einen Rückzug aus gesellschaftlicher Verantwortung. Sie kann sich den Luxus ja leisten.
„Es gibt immer Leute, die mit dem Finger auf dich zeigen, wenn du anders bist“, stellt Sara Goerres fest. „Ich glaube aber nicht, dass man sich wie sie dazu entscheiden sollte, von heute auf morgen in seinem/ihrem Garten zu leben und nicht mehr Teil der Gesellschaft zu sein.“
Dennoch findet sie auch Bewunderung für die Protagonistin. „Sie ist sehr konsequent und weiß genau, was sie will. Für mich ist sie feministisch, weil sie als Frau sagt: ‚Ich ziehe jetzt mein Ding durch, ihr könnt mir alle nichts!‘“ Ihre Freiheit ist die Katze und dafür steht sie ein. Hierzu braucht es Mut.
„Jeder Mensch hat ein Gefühl dafür, wie Katzen sind, wie sie sich bewegen.“
Brigitte Urhausen verkörpert Eleonore in der Inszenierung des Kaleidoskop Theaters. „Mein erster Gedanke war, dass ich nicht in die Falle tappen wollte, zu glauben, ich spiele eine Katze“, so die Schauspielerin. Dies sei nämlich nicht die Aussage des Stücks, denn die Protagonistin bleibt trotz tierischer Allüren stets Mensch.
Dennoch verlange die Rolle der Schauspielerin eine gewisse Körperlichkeit ab. Die Vorbereitung sei aber erstaunlich einfach gewesen, „weil die Katze ein Tier ist, das wahnsinnig präsent ist“, so Brigitte Urhausen. „Jeder Mensch hat ein Gefühl dafür, wie Katzen sind, wie sie sich bewegen.“ Außerdem sei die Figur der Eleonore auch so geschrieben, dass „sie schon als Mensch Eigenschaften besitzt, die man auch einer Katze zuschreiben würde.“
Vor einer aufwändig minimalistischen Bühnenkulisse zeichnet Sara Goerres die Transformation einer Frau ins Tierische nach. Gelingt Eleonore mit ihrer Flucht in die Katzenexistenz letzten Endes also der Befreiungsschlag? Antwort auf die Frage gibt es bei der Premiere, die heute, am 15. März 2024, um 20 Uhr im KulTourhaus Huncherange stattfindet. Weitere Aufführungen folgen vom 20. bis 24. März.
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