Lara Weiler

03 nov. 2025
Lara Weiler

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Ich treffe Lara Weiler in ihrem Atelier in Belair. Eine junge, ambitionierte Frau mit sicherem Auftreten. Das Atelier: ein Luxemburger Altbau, minimalistische weiße Wände, große Fenster, alte Jalousien. Es riecht nach Farbe. Hier verbringt Lara Weiler den größten Teil ihrer Zeit, beginnt um 8 oder 9 und bleibt bis 6, manchmal bis nach 12 Uhr. Vom Gang aus sieht man schon die ersten Leinwände, in ihrem Arbeitszimmer sind die Acryl-, Ölfarben, Buntstifte nach Farben sortiert. Man sieht sofort, dass hier jemand arbeitet, der sein Handwerk ernst nimmt.

Sie erzählt mir, dass ihr Professionalität zu ihrem Kunsthandwerk wichtig ist. Sie selbst bezeichnet sich als Künstlerin mit einem Fokus auf Malerei, Zeichnung und Skulptur. Mit sehr viel Sorgfalt arbeitet sie auch an dieser Anerkennung des Handwerks, stemmt sich damit gegen den Verlust von handwerklicher Sorgfalt. „Wenn du sagst, du bist Künstlerin, wirst du oft nicht ernst genommen“, sagt sie, „dabei ist es Arbeit, tägliche Arbeit.“

Lara Weiler in ihrem Atelier in Belair, August 2025 © Alice Hoffmann

Es geht ihr um das klassische Kunsthandwerk die damit einhergehende Qualität. Allgemein wünscht sie sich einen größeren Fokus auf Qualität anstelle von Quantität. Zu Beginn ihrer künstlerischen Recherche hat sie vor allem realistisch bis hin zu hyperrealistisch gemalt. Als sie bemerkte, dass sie das beherrschte, wollte sie mehr. Da ihr Vater Grafiker ist, ist sie früh mit grafischen Formen und sättigenden Farben in Kontakt gekommen, was, ebenso wie der klassische Realismus, ihren künstlerischen Ausdruck geprägt hat. Sie benutzt ihr angeeignetes Wissen, um weiterzuentwickeln und zu experimentieren, vom Realismus zurück zu den Hauptelementen der Linien, Formen und Übergänge. Dabei ist Lara Weiler ziemlich schnell zu ihren wiederkehrenden sowie wiedererkennbaren Motiven gekommen. Im Ganzen erkennt man das Objekt, doch je näher man schaut, desto mehr zeigt sich, dass jedes Detail anders dargestellt ist; nicht direkt greifbar, sondern zum Entdecken, weil sie es liebt, sich in Details zu verlieren und weil sie etwas Besonderes schaffen will, in puncto Qualität und Anspruch.

Die Stilllebenmalerei des goldenen Zeitalters und das farbenfrohe Popart der 60er sind zwei Kunstepochen an denen sich Lara inhaltlich wie auch motivisch inspiriert. Die zeitgenössische Künstlerin Anna Koak ist eine weitere Inspiration.

In Saarbrücken an der HBKsaar macht sie gerade ihren Meister. Saarbrücken ist für sie ein wichtiger Ort. Da es keine Metropole ist, kann man sich als Künstler:in besser entfalten und entdecken, da die Konkurrenz und der kreative Input nicht so überwältigend sind.

Allgemein ist das Konkurrenzdenken und die damit einhergehende negative Einstellung in der Branche etwas, dass die Künstlerin von Zeit zu Zeit kritisiert. Nichtsdestotrotz ändert das nichts an ihrer Leidenschaft und Freude, diesen Beruf ausüben zu dürfen.

Auf die Frage, wohin sie gerne gehen würde oder ob sie in Luxemburg bleiben möchte, antwortete sie, dass Luxemburg ein guter Ort in Europa sei, es ist zentral gelegen, etwa zwischen Brüssel und Hamburg. Wenn sie jedoch die Möglichkeit hätte, würde sie gerne einmal nach New York gehen.

Ich frage sie nach ihrem Lieblingsbild, und sie lacht. „Eigentlich ist jedes mein Lieblingsbild“, sagt sie, „aber einige habe ich zurückbehalten“, und zeigt mir eins. Es ist so etwas wie der Geburtsstein ihres künstlerischen Ausdrucks. Sie hat es im Zug gezeichnet. Ein spontanes und ebenso durchdachtes Stück, das sie heute noch begleitet.

Lara Weiler’s erste stilgebende Zeichnung – im Zug gezeichnet © Alice Hoffmann

Wenn man über Lara Weilers Arbeit spricht, kommt man um ihr handwerkliches Können nicht herum. Sie hat sich zu Beginn ihres Studiums intensiv mit klassischer Malerei beschäftigt, weil sie glaubt, dass man nur auf einem soliden Fundament experimentieren kann. Das sieht man ihren Arbeiten an: In ihren popartigen, zum Teil hyperrealistischen Stillleben tauchen immer wieder Momente auf, in denen die Malerei zur Skulptur wird und umgekehrt. Bis ins kleinste Detail ist die Komposition gedacht, geplant. Abstrahierte und reduzierte Stellen Ecken sind Teil des Konzepts, um das abgebildete Motiv zu entfremden.

Ihr Fokus liegt auf dem zeitgenössischen Stillleben, ein Blick auf die Dinge, die uns täglich umgeben. Statt Früchten oder Vasen zeigt sie Kleidungsstücke, Verpackungen, Konsumobjekte. Triviale Dinge, die plötzlich eine neue Bedeutung bekommen. „Das da“, sagt sie und zeigt auf ein großes Gemälde an der Wand, „war ein Kleiderhaufen von einer Freundin. Als Freunde das Bild gesehen haben, haben sie sofort erkannt, von wem der Haufen stammt.“

     

© Lara Weiler, Robins Kaktus hat alles im Blick, 2025

       

Und doch identifizieren sich wohl alle Betrachter:innen mit dem Inhalt. In einer Welt des materiellen Überflusses zu leben, heißt, dass diese Dinge Teil unserer Identität werden. Ihre Bilder erzählen also von Menschen, ohne sie direkt zu zeigen. Indirektes Porträtieren heißt das: Sie porträtiert sie durch ihre Gegenstände, die sie den ganzen Tag begleiten. Zum einen, um den Gegenstand aufzuwerten, zum anderen, weil wir eine Art abgestumpft sind vom Überfluss der Gegenstände. 

Ihre Technik ist so klar wie ihr Denken: Leinwandstoff auf Holz kaschiert, Acryl-Öl-Mischungen, selbstgebaute Leinwände. Während das Atelier die Geburtsstätte für die Malereien ist, so kann sie an den Zeichnungen von überall aus arbeiten.

Eigentlich stand die angehende Künstlerin zwischen Musik und Kunst, beides lag ihr. Ein Tutor sagte damals zu ihr: „Mach es, sonst wirst du dich dein ganzes Leben fragen, was gewesen wäre.“ Und weil sich auf eine Sache zu konzentrieren sinnvoller erschien, wurde es die Kunst. Diese Entscheidung prägt sie bis heute. 

Das neueste Werk für die Ausstellung salondergegenwart Hamburg, 2025 © Alice Hoffmann

Ihr Ziel ist klar: das Kunsthandwerk perfektionieren. Sie arbeitet an Auftragsmalereien, Porträts, und beweist mit jedem neuen Werk, dass Qualität für sie kein altmodisches Wort ist. Ende 2024 erhielt sie den Prix Pierre Werner, einer ihrer größten Erfolge bisher, den im Rahmen des Salon du CAL 2024 gewonnen hat. Die Auszeichnung war mit einer Prämie dotiert und wird als Solo Ausstellung in der Galerie Schlass GO ART gezeigt aber vor allem bedeutete sie Anerkennung.

Seit 2023 wird sie von der Galerie Valerius vertreten, ein erster kleiner Meilenstein. Ich frage sie, wie es dazu kam. Sie erzählt von „Young Luxembourgish Artists“, gegründet von Lou Philipps, das junge Künstler:innen fördert. Dort wurde sie entdeckt, eingeladen, und plötzlich lief alles schneller. Sie haben geholfen, den ersten professionellen Start in die Kunstwelt zu schaffen. Das Studium reicht dafür nicht aus, meint sie. Es war ein Glück, dass sie da in diese Welt eingeführt wurde.

Seitdem reiht sich Ausstellung an Ausstellung. Seit letztem Oktober ist sie zurück in Luxemburg und hat direkt im CAL 2024 ausgestellt und im Dezember 2024 ihr erste Soloausstellung präsentiert. Vom 1. - 16. November 2025 stellt Lara Weiler nochmal im Salon du CAL aus, im November folgt ihre Soloausstellung „ZEUGS UND DINGE“, mit Vernissage am 13.11. in der Galerie GO ART in Esch-sur-Alzette für den Preis, den sie vergangenes Jahr gewonnen hat. Man kann sich die Ausstellung dann vom 13.11. - 20. 12. anschauen. 

Ende August gab es eine Ausstellung in Frankfurt in der Galerie Greulich. Vom 14.11.– 26.11. stellt Lara Weiler im „salondergegenwart“ in Hamburg aus. 20.11. – 23.11. nimmt sie teil an der Luxembourg Art Week mit der Galerie Valerius in Luxemburg. Vom 11.12.–14.12. stellt sie in der Art Antwerp gemeinsam mit der Valerius-Galerie in Antwerpen aus. Für die Ausstellungen kommt jetzt viel auf sie zu und die Arbeiten sind dabei, fertig zu werden.

„Ich versuche, keine zu großen Erwartungen zu haben“, sagt sie, „dann freue ich mich umso mehr, wenn es gut läuft.“ Es ist die Freude darüber, dass etwas funktioniert, was sie sich selbst aufgebaut hat. 

Wie viele junge Künstlerinnen in Luxemburg steht sie vor der Herausforderung, eine eigene Stimme zu entwickeln und zugleich Anschluss an die lokale Szene zu finden. Lara Weiler zeigt, dass diese Suche nicht im Kopieren, sondern im Neuinterpretieren liegt. Die Künstlerin verbindet klassisches Können mit einer eigenen, zeitgenössischen Sprache. Vielleicht ist das ihr Geheimnis: Sie probiert. Und sie zeigt, dass es geht.


01 – 16 novembre 2025: Salon du CAL (Luxembourg)

13 novembre – 20 décembre 2025: Solo show ZEUGS UND DINGE, Galerie GO ART, Esch-sur-Alzette (vernissage le 13.11)
20 – 23 novembre 2025: Luxembourg Art Week avec Galerie Valerius

Auteurs

Alice Hoffmann

Artistes

Lara Weiler

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